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Luther - Quelle des Antisemitismus in Deutschland

Antisemitismus und Menschenverachtung in Deutschland

Antisemitismus und Menschenverachtung in Deutschland

           Prof. Dr. Gerhard Besier                 Prof. Dr. Erwin K. Scheuch

Der Antisemitismusbericht im Auftrag des Bundestages belegt, dass jeder fünfte Deutsche zumindest latent antisemitisch ist.

Antisemitismusbericht: http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/37499490_kw04_antisemitismusbericht/index.html, eingesehen am 01.05.2012

Antisemiten sind Menschenfeinde; es sind Menschenverächter, Rassisten, Judenfeinde, Frauenfeinde und Fremdenfeinde. Sie sind mitten unter uns. Es kann der Nachbar sein, den man im Supermarkt trifft. Die Mutter, die ihre Kinder morgens zur Schule begleitet. Der Religionslehrer, der Arzt, der Journalist, der Beamte, der Polizist, der Professor, der Politiker, usw.

Man findet sie in Städten und in Dörfern, in allen Bildungsschichten, in allen Altersschichten und in allen Einkommensschichten. Es sind eben nicht allein die Skinheads, die öffentlich Terror schlagen, sondern auch die unsichtbaren Menschenfeinde, von denen die Bedrohung ausgeht.

Welche Auswüchse diese Menschenverachtung in der Vollendung hat, zeigen die Morde der rechtsterroristischen Zwickauer Zelle.

"Wie konnte das geschehen? Warum sind wir nicht früher aufmerksam geworden? Warum konnten wir das nicht verhindern?"

Bundeskanzlerin Angela Merkel am 23.02.2012 im Berliner Konzerthaus

Nun betrachten wir weitere Aspekte, wie sich Menschenverachtung in unserer Gesellschaft  unbeachtet fortpflanzt. Hören Sie sich einmal Folgendes an:

Sektenbeauftragte: antidemokratisch und antisemitisch

Prof. Kriele, emeritierter Professor für Allgemeine Staatslehre und Öffentliches Recht und ehemaliger Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen, gilt heute als einer der führenden Verfassungsrechtsexperten in Deutschland. Bereits im Jahr 1996 schreibt Prof. Kriele, was die Gemüter eigentlich schon längst hätte wachrütteln müssen. Er schreibt über "Die faschistischen Züge der Sektenjagd".

'faschistisch' heißt antidemokratisch. 'faschistisch' heißt nach dem Führerprinzip organisiert. Krieles Warnungen sind überdeutlich. Er beschreibt die Sektenjagd in unserer Zeit, die Menschenrechtsverletzung, den Hass gegen Andersdenkende:

Ein typisch faschistisches Element ist die Aggressivität gegen wehrlose Minderheiten. [...] Die Sektenjäger sind bis zur Wut gereizt, wenn sie Menschen mit Überzeugungen begegnen, die vom vorherrschenden Trend abweichen. Das Ausnutzen ihrer Wehrlosigkeit, die Verächtlichmachung, das Höhnen und Spotten, das Bestreben, schon Schüler zu Ausgrenzung und Ablehnung zu erziehen [...]

Kriele, Martin (1996): Die faschistischen Züge der Sektenjagd. In: Besier, Gerhard; Scheuch, Erwin K. (Hrsg.): Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid. Teil I; Zürich 1999: Edition Interfrom; 394-403

Und weiter:

Ein weiterer faschistischer Zug der Sektenjagd liegt in ihrer Rechtsfremdheit, d. h. in zahllosen Versuchen, die die Minderheiten schützenden Rechtsregeln zu durchlöchern, zu umgehen oder zu verletzen. [...] etwa die Missachtung - oder [...] die Durchbrechung der Datenschutzgesetze, die Indoktrination und Manipulation von Richtern an der Richterakademie, usw.

Ebd.

Und weiter:

Ein typisches Symptom für faschistischen Terror ist es, dass auch Mitbetroffene in Distanz zu anderen «Sekten» gehen und sich an der Kampagne gegen sie beteiligen, in der Hoffnung, bei den Sektenjägern gut Wetter zu machen.

Ebd.

Nun, inzwischen haben auch Leiter von einst als Sekten verhöhnten pfingstlichen und charismatischen Gemeinden diesen Verhaltenskodex übernommen. Es erstaunt nicht wenig, dass sogar sie auf die Schönwetterstimmung der Sektenbeauftragten hoffen.

Ich zitiere weiter:

Typisch faschistisch ist auch das Streben, Gruppen zu spalten, den kleineren Teil zu isolieren und den grösseren zur Distanzierung von ihm zu bestimmen.

Ebd.

Und weiter:

«Sekte» ist ein anderes Wort für «Ketzer», und für einen Ketzer galt früher und gilt in Deutschland heute wieder: «Exterminandus est» - wenn nicht durch Feuer [...], dann durch Rufmord, Isolation und wirtschaftliche Vernichtung.

Ebd.

Hieran erkennt man wie bereits der 'Alte Fritz', Friedrich II. vor etwa 250 Jahren die Marschrichtung der Gesellschaft festlegte, als er sagt:

Die Juden sind von allen Sekten die gefährlichste und man muss verhindern, dass ihre Zahl wächst.

Der Spiegel, 45/2011, S. 83

Im Grunde hat sich im Lauf der Geschichte daran nichts geändert.

Richard-Wagner-Gymnasium in Bayreuth:
Vom Religionslehrer zum Hakenkreuz

Antisemitismus und Menschenverachtung in Deutschland

Bereits frühzeitig wird das Verhalten von Kindern und Jugendlichen geformt - am meisten im Elternhaus und auch in der Schule. Kinder übernehmen das Verhalten von guten wie auch von schlechten Vorbildern. Wenn unsere heutige Generation Menschenverachtung vorgelebt bekommt, werden Kinder und Jugendliche diese Haltung übernehmen. Da es ihnen an Reife fehlt, lassen sie sich leicht beeinflussen, wie in einem von vielen Beispielen deutlich wird:

Eine Sommernacht in Weidenberg. Jugendliche besudeln die Außenfassaden eines Gebäudes. Sie werfen mit Flaschen und mit Steinen. Das Gebäude wird beschädigt. Die Polizei ermittelt.

Danach weitere Racheakte:

Flaschen zerbersten auf dem Parkplatz. Stromkabel werden herausgerissen, die Klingel zerstört.

Nun ist es Winter in Weidenberg. Jugendliche malen ein Hakenkreuz in den Schnee, dazu die Worte 'Scheiß Sekte'.

Ertappte Schüler, die von der Polizei vernommen wurden, nannten auch die Gründe für ihr Verhalten. Sie hätten aus dem evangelischen Religionsunterricht davon erfahren, dass es sich um eine gefährliche Sekte handle. Ihr Religionslehrer, ein ehemaliger Studentenpfarrer, Doktor der Theologie und Privatdozent - der Name ist der Redaktion bekannt -, hätte am Bayreuther Richard-Wagner-Gymnasium darüber informiert.

Ist das Zufall, dass sich ausgerechnet am Bayreuther Richard-Wagner-Gymnasium der Geist Luthers in dieser Weise niederschlägt? Solche Vorgänge erinnern zumindest an die Judenhetze Luthers und den Vandalismus gegen die Juden in der Reichskristallnacht.

Warum ist Deutschland auf dem rechten Auge blind?

Weshalb sind Führungspersönlichkeiten in Gesellschaft und Politik auf dem rechten Auge blind?

Die Antwort liegt auf der Hand: Die Kirche durchdringt Politik und Staatswesen. Nahezu jeder Politiker ist in einer Kirche involviert. Solange es keine konsequente Trennung von Staat und Kirche gibt, wird sich daran nichts ändern, wird sich Luthers Gedankengut auf die nächste Generation übertragen, werden Kinder im Religionsunterricht und Ethikunterricht von Lehrern, die sich ihre Informationen von den Sektenbeauftragten holen, falsch informiert, verächtlich gemacht, zur Verachtung anderer erzogen.

Ein Appell namhafter Professoren und Wissenschaftler richtet sich gegen die Empfehlungen der Enquete-Kommission, die neue religiöse Bewegungen im Auftrag des Bundestages untersuchte.

Bundesminister a. D. Prof. Dr. Hans Apel, Prof. Dr. Dr. Gerhard Besier, Prof. Dr. Niels Birbaumer, Prof. Dr. Martin Kriele, Prof. Dr. Hermann Lübbe und Prof. Dr. Erwin Scheuch wenden sich in ihrer Presseerklärung von 28. Mai 1998 bewegt von ernster Sorge gegen die Empfehlungen der Enquete-Kommision und appellieren an das deutsche Volk:

Wir bitten die deutsche Bevölkerung, sich weder von neuen geistigen Monopol- und Kontrollansprüchen beeindrucken noch von der Ketzerhysterie der Sektenjäger anstecken zu lassen und sich nicht an der Verteufelung von Minderheiten zu beteiligen oder andere zu denunzieren, weil sie die Veranstaltungen dieser oder jener Gruppe besuchen.

Apel, Hans; Besier, Gerhard; Birbaumer, Niels; Kriele, Martin; Lübbe, Hermann; Scheuch, Erwin K. (1998): Presseerklärung 28. Mai 1998: Beteiligt sich der deutsche Staat an der Diffamierung und Diskriminierung von religiösen und weltanschaulichen Minderheiten? Eine Offene Gesellschaft braucht keine Weltanschauungskontrolle. In: Besier, Gerhard; Scheuch, Erwin K. (Hrsg.): Die neuen Inquisitoren. Religionsfreiheit und Glaubensneid. Teil 2; Zürich 1999: Edition Interfrom; 26-33

Und dennoch fand auch diese Warnung wohl kaum Beachtung.

Liebe deinen Nächsten!

Menschenfeindlichkeit und Menschenverachtung beginnt im Alltag in dem, was geredet wird, und welches Reden im persönlichen Umfeld akzeptiert wird. Der menschenfeindliche und menschenverachtende Geist Luthers zersetzt die Werte unserer Gesellschaft. Aus dem Stillschweigen wird letztlich Akzeptanz – sei es aus Feigheit, aus Ignoranz oder Gleichgültigkeit. Mag es zunächst vielleicht den Anderen betreffen – den Türken, den Juden, den Farbigen, den Andersartigen, den Andersdenkenden, den Andersgläubigen. Am Ende kann es auch Sie treffen!

Das Böse triumphiert allein dadurch, dass gute Menschen nicht handeln.

Und noch ein Gedanke zum Schluss:

Wie wäre es mit der ungeheuchelten Liebe zu den Türken, mit der Liebe zu den Juden, mit der Liebe zu den Farbigen, mit der Liebe zu den Andersartigen, mit der Liebe zu den Andersdenkenden, mit der Liebe zu den Andersgläubigen?

Wie wäre es, in einer Demokratie die eigenen Menschenrechte ausleben zu können, ohne benachteiligt zu werden?

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Ein Beitrag von Andreas und Vivian Fischer